Gold und Silber bei Trail-O-Weltmeisterschaften

Dieses Abschneiden hatten sich selbst die kühnsten Optimisten nicht erträumt: Das achtköpfige deutsche Team, darunter vier Debütanten, die im wesentlichen erst einmal WM-Atmosphäre schnuppern sollten, avancierte mit einer Gold- und einer Silbermedaille zu einem der erfolgreichsten Teams bei den Trail-O-Weltmeisterschaften in Zákupy im nordtschechischen Sandsteinfelsengebiet. Maßgeblich verantwortlich für diese Medaillen waren die beiden MTV-OLer Nina Döllgast und vor allem Bjarne Friedrichs mit überragenden Auftritten.

Trail O WM23 2Die deutsche Siegerstaffel: v.l. Bjarne Friedrichs, Nina Döllgast, Ralph KörnerBeim Trail-O (Präzisionsorientieren) steht das Kartenlesen und das exakte Zuordnen von Postenstandorten aus der Realität auf die Karte im Mittelpunkt. Das Ziel beim Trail-O ist, bei mehreren Stationen jeweils von einem vorgegebenen Entscheidungspunkt aus diejenige von bis zu sechs Postenmarkierungen zu bestimmen, die dem in der Karte markierten Postenstandort entspricht und auf den die angegebene Postenbeschreibung zutrifft. Es erfolgt bei dieser international auch als "PreO" bezeichneten Form des Trail-O keine Zeitnahme, lediglich eine Gesamtzeit, innerhalb der die barrierefreie Strecke absolviert werden muss, ist vorgegeben. So kann diese OL-Art auch von körperlich beeinträchtigten Sportlern betrieben werden und es gibt keine Geschlechtertrennung. Eingebaut sind jedoch sogenannte Zeitkontrollen, bei denen die Entscheidung unter Zeitdruck getroffen werden muss und falsche Antworten mit Strafsekunden geahndet werden.

Dieses Präzisionsorientieren liegt Bjarne Friedrichs ganz besonders, stieß er bei seiner ersten WM 2019 in Portugal doch gleich mit einem überraschenden vierten Platz in die erweiterte Weltspitze vor und verbesserte sich im Vorjahr in Finnland auf den Bronzerang.Trail-O-WM23_1.jpgBjarne hochkonzentriert während des Wettkampfs Dabei kommen ihm seine Genauigkeit im Kartenlesen, sein Kartenverständnis, seine guten Augen und seine Erfahrungen als Kartierer zugute. Die PreO-Entscheidung wurde in zwei Wettbewerben in unterschiedlichem Gelände ausgetragen. Am ersten Tag in einem offenen Hochwald mit zahlreichen Steinen und kleinen Felswänden leistete er sich einen Flüchtigkeitsfehler und lag hinter zwei fehlerfreien Athleten in einer größeren Gruppe, die alle mit einem Fehler behaftet waren, noch aussichtsreich auf Rang zehn.


Der zweite Tag führte die Aktiven in ein von riesigen Sandsteinfelsen gesäumtes Tal. Diese Etappe absolvierte der Seesener absolut fehlerfrei und hatte aufgrund von Patzern seiner schärfsten Kontrahenten schon eine Hand an der Goldmedaille, bis die Jury wegen Ungenauigkeiten zwei Posten annullierte. Dadurch fiel er vom Gold- auf den Silberrang zurück, freute sich als Vizeweltmeister aber dennoch über die angepeilte Medaille. Dabei blieb er punktgleich mit dem Sieger Arno Gronhovd (Norwegen) und dem drittplatzierten Italiener Michele Cera, getrennt nur durch die Zeiten bei der Zeitkontrolle. Nina Döllgast leistete sich an beiden Tagen einige Fehler und beendete den Wettkampf unter den knapp über hundert Teilnehmern als 47.

Trail O WM23 4Siegerehrung der Einzelwertung mit Bjarne auf dem SilberrangDiese tolle Leistung schien die deutsche Staffel bei der Mischung aus PreO- und TempO-Aufgaben, bei denen die korrekten Postenmarkierungen in der schnellstmöglichen Zeit zu bestimmen    und Geschwindigkeit und Fehlerfreiheit beim Antworten stets gleichermaßen entscheidend sind, zu beflügeln, traute man ihnen doch nur Außenseiterchancen zu. Der Landshuter Ralph Körner legte eine makellose Serie vor und brachte dank Tagesbestzeit bei den TempO-Aufgaben das deutsche Trio überraschend in Führung. Auch Nina Döllgast erfüllte ihre Aufgabe hervorragend, an zweiter Position löste sie ihre zehn PreO-Posten korrekt und leistete sich im TempO nur einen Fehler, sodass Italien knapp vorbeiziehen konnte. Schlussläufer Bjarne Friedrichs löste alle Aufgaben ebenfalls souverän und absolut fehlerfrei und brachte das deutsche Team, das an diesem Tag als einziges bei den PreO-Aufgaben makellos blieb, wieder in Front.


Die finale TempO-Station wurde von den Schlussläufern öffentlich vor allen Zuschauern in umgekehrter Reihenfolge des Klassements absolviert. Diese löste er fokussiert und im Bewusstsein des Vorsprungs ebenfalls fehlerfrei und damit stand es fest: Erstmals gewinnt Deutschland im Staffelwettbewerb sensationell die Goldmedaille, gefolgt von Italien und Tschechien!

Trail O WM23 3Bjarne beim Trail-O im tschechischen WaldIm abschließenden TempO-Wettbewerb mussten die Teilnehmer aus zwei Vorläufen die 36 Finalteilnehmer ermitteln. Während Nina Döllgast als 31. ihres Vorlaufes ebenso wie die WM-Neulinge scheiterte, qualifizierten sich Ralph Körner und Bjarne Friedrichs für das Finale am Nachmittag, mit Aufgaben zunächst im Felsengebiet und zum Abschluss vor Zuschauern in einem Park in Zákupy. Im Finale schafften die beiden Deutschen dann das Kunststück, exakt auf die halbe Sekunde genau die gleiche Endzeit zu haben. Damit platzierten sie sich gemeinsam auf dem hervorragenden elften Platz und damit im ersten Drittel der Finalteilnehmer. Zu einer Top-Ten-Platzierung fehlten dabei gerade einmal eineinhalb Sekunden. Der Weg zum Erfolg war für die beiden jedoch völlig unterschiedlich. Während Ralph Körner vor allem durch Geschwindigkeit bei größerem Fehlerrisiko überzeugte, stellte Bjarne Friedrichs erhöhte Präzision in etwas langsamerer Zeit unter Beweis. Das Ergebnis zeigt, dass beim TempO mehrere Strategien zum Erfolg führen können. Den Titel gewann der Tscheche Ondrej Macek nach einem fast perfekten Wettkampf mit erstaunlichen hundert Sekunden Vorsprung.

Dieser doppelte elfte Platz war ein gelungener Abschluss einer fantastischen WM-Woche mit Gold und Silber für das deutsche Team und die MTV-OLer. Das nächste Großereignis werden im kommenden Jahr die Europameisterschaften in Turku    (Finnland) sein.

(Fotos: Veranstalter)


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